Klare Begrifflichkeit für konkrete Inhalte.
„Gender“ ist ein inflationär gebrauchter Begriff. Sehr häufig wird Gender gesagt, wenn eigentlich Gender Mainstreaming gemeint ist. Oft ersetzt Gender den Begriff „Frauen“ ein andermal markiert der Begriff das Vorhandensein von Frauen und Männern (z.B. „Gender-Team“).
Ähnlich unscharf wird der gesellschaftspolitisch zu verortende Begriff „Diversity“ häufig dann benutzt, wenn eigentlich „Managing Diversity“ gemeint ist. Darin kommt eine Vermischung wirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer, emanzipatorischer Ansätze zum Ausdruck.
Das Netzwerk Gender Training befasst sich seit 1997 mit der Debatte, inwieweit das Potential der Kategorie Gender ausreicht, um notwendige weitere Differenzierungen unter Frauen und unter Männern vorzunehmen, bzw. wie der Transfer aus geschlechtertheoretischen Ansätzen, die diese Differenzierungen ermöglichen, in die Praxis von Gender Trainings und Beratung gelingen kann. Angeregt durch die Diversity-Arbeit einzelner Mitglieder unseres Netzwerkes und durch langjährige internationale und interkulturelle Trainingserfahrungen hat das Netzwerk Synergien und Spannungsverhältnisse von Gender und Diversity diskutiert.
Das Netzwerk diskutiert derzeit die folgenden Themen:
Gender und Diversity liegen als Begriffe auf unterschiedlichen Ebenen.
Würden sie parallelisiert, müsste anstelle von Gender von „Geschlechtergerechtigkeit“ und Diversity gesprochen werden. Diversity wird als gesellschaftspolitische Zielvorstellung gebraucht, Gender hingegen impliziert die Vorstellung einer gesellschaftlichen Ungleichheitsordnung, die es zu hinterfragen gilt.
Die Gleichzeitigkeit von Thematisieren, Reflektieren und Überwinden von Geschlecht in der Arbeit zu berücksichtigen, ist dem Netzwerk Gender Training ein Anliegen.
Wenn Gender für die Frauen und die Männer gesetzt wird, wenn also der Geschlechterdualismus nicht hinterfragt wird, entspricht das weder der komplexen gesellschaftlichen Realität, noch lässt es Spielraum für Veränderungen in den Geschlechterverhältnissen.
Gender ist ein Ordnungsprinzip, das Menschen erst zu Männern und Frauen macht.
Im Rahmen der symbolischen Gender-Ordnung werden geschlechterbezogene Unterscheidungen vorgenommen, finden alltägliches „doing-gender“ und Zuschreibungsprozesse statt. Gender ist insofern auch eine Bewältigungskategorie: die einzelnen müssen sich mit geschlechterbezogenen Anforderungen und Zuschreibungen auseinandersetzen.
Die Frage, wer in welcher Situation am schärfsten diskriminiert oder benachteiligt wird (z.B. Arme, Ältere, Schwule, Lesben, Menschen mit Migrationshintergrund …), führt in eine Sackgasse.
Es kann nicht darum gehen, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen. Es geht vielmehr um das Bewusstsein, dass vieles verwoben ist, was wir kategorial trennen: Wir sind nie nur Männer und Frauen, sondern wir sind immer auch arm und reich, alt und jung, mit und ohne Migrationshintergrund, homo- und heterosexuell etc. Gender strukturiert somit Diversity im Sinne sozialer Komplexität. Die wissenschaftliche Methode der Intersektionalität versucht, der Komplexität gerecht zu werden, indem sie diese Interdependenzen betrachtet.